
Die Digitalisierung der Produktion ist schwierig, teuer und zeitaufwendig, - aber ich habe etwas ganz anderes erlebt.
Der Zufall wollte es, dass ich den Selfmade-Unternehmer und Lean-Enthusiasten Markus Bosse kennengelernt habe. Seit 20 Jahren trimmt er asiatische Unternehmen auf extrem kurze Durchlaufzeiten und hohe Produktivität. Hierzu nutzt er seine Lean Erfahrung und digitale Tools, die er selbst entwickelt hat.
Warum klappt so etwas nur in China, geht das nicht auch im deutschen Mittelstand? Das waren meine ersten Gedanken. Und ich wollte das einmal live erleben.
Dann ging alles ganz schnell Lars Kinkeldey kannte ein interessiertes Unternehmen in Ostwestfalen, die senne products gmbh. Der Chef Christian Vullhorst war interessiert. Über ein Webinar haben wir noch Mitstreiter aus anderen Unternehmen gewonnen, die neugierig waren und selbst aktiv mitgestalten wollten. Und schon gings los:
Tagebuch Tag 1: Kurzes Hallo, dann wurde der Wertstrom skizziert vom Auftragseingang bis zum Versand.
Im Anschluss kam der 2- stündige große GembaWalk. Wo sind Wareneingänge und Pufferzonen? Wo ist der Start und das Ende von Prozessschritten? All das soll später automatisch mit Scannern getrackt werden. Ganz nebenbei haben wir noch Beschilderungen und Bodenmarkierungen angebracht, um auch die visuelle Transparenz zu erhöhen. Alles bei laufender Produktion.
Kurzer Mittag, dann haben wir die Prozessschritte aus dem Gemba-Walk ins digitale Kanban-Board übertragen und die erforderlichen 16 Scanner ins WLAN integriert, jeweils für den zu erfassenden Prozessschritt codiert und an den entsprechenden Punkten in der Fabrik angebracht.
Die Auftragspapiere haben wir belassen, aber mit einem Klemmbrett incl. eingebetteten RFID Chip verbunden.
Ob die digitale Infrastruktur auch fehlerfrei funktioniert, haben wir mit einem Dummy Auftrag getestet. Alles perfekt, ohne jede Nacharbeit! So hatten wir noch 30 Minuten Zeit, die realen Aufträge für den nächsten Tag bereits im digitalen Board anzulegen.
Tagebuch Tag 2:
Am Morgen haben wir alle Mitarbeitenden zusammengerufen und ausführlich informiert. Niemand muss mehr oder härter arbeiten, dennoch wird die Fabrik viel schneller und produktiver. Keine Suchzeiten, Fehlteile und unnötigen Wege mehr, - alles fließt. Das kam gut an. Unser Strahlen in den Augen hat sich auf die Mitarbeitenden übertragen. Perfekt!
Dann ging es um Automatisierungen: Wie kommen die Auftragsdaten aus dem ERP System ins Kanban Board, wer bekommt wann automatische emails oder Teams -Benachrichtigungen, wann werden Prozesse eskaliert und wie sollen die Kennzahlenboards aussehen?
Nach 15 Stunden Workshoparbeit auf dem Shopfloor stand die digitale Fabrik und der digitale Zwilling. Einen Besprechungsraum haben wir nie gesehen. Erbsensuppe, Pizza, reichlich Kaffee und Cola waren unser Treibstoff!
Mein GROSSER DANK gilt allen Mitstreitern. Ohne Euch hätte es diese außergewöhnlichen Ergebnisse nie gegeben: